Der 60 jährige Rentner Franz Josef N. begann Dienstag dieser Woche seinen letzten Tag in seinem Leben mit dem Verfassen eines Abschiedsbriefs.
Darin heißt es u.a.
Dann begab er sich Richtung Landshuter Landgericht. In seiner Tasche ein Revolver des Herstellers Smith & Wesson. Nach Angaben des Stern soll es sich um ein Kaliber 3.57 Magnum gehandelt haben.
Bei dem Verfahren gegen Franz-Josef N. ging es um Erbstreitigkeiten und ca. 100.000 EUR.
Kurz nach 10 Uhr, in einer Verhandlungspause vor dem Gerichtssaal, zieht Franz-Josef N. seine Waffe. Es fallen sechs Schüsse. Eine seiner Schwägerinnen wird tödlich getroffen, eine zweite und ein Anwalt werden verletzt. Der Schütze richtet sich kurz danach selbst.
Der Täter war Sportschütze – die Waffe eine großkalibrige 3.57 Magnum
Wie kam Franz-Josef N. in Besitz der Tatwaffe? Nach bisherigen Erkenntnissen war der Täter Sportschütze. Dank einer Waffenbesitzkarte besaß er legal drei Waffen. Eine davon, die Smith & Wesson, nutze er nun für das Blutbad im Landshuter Landgericht. Bei dem Kaliber 3.57 Magnum handelt es sich um eine großkalibrige Waffe.
Hilflose Politiker…
Selbst die Politiker, die bei bisher bei jedem Amoklauf versuchten, die Schuld und damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf Schulen, Lehrer, Eltern, Medien und/oder Computerspiele zu schieben, kommen nun in Erklärungsnot. Wenn Amokläufer nicht mehr in das Schema F der durch Killerspiele auf Töten trainierte Jugendliche passen, muss der letzte Politiker zugeben, dass letztendlich nur Waffen töten.
… und schweigende Medien
Kein Auflauf der Kamerawagen in Landshut. Keine Sondersendungen. Keine peinlichen Berichterstattungen anhand vorschneller und unprofessioneller Recherchen im Internet. Keine Gesprächsrunden in den Öffentlich-Rechtlichen Kanälen. Keine Diskussionsrunden mit für den Zuschauer nicht nachvollziehbaren Gästen über das Thema Killerspiele, Waffenrecht und Erziehung.
Der Täter zu alt. Das Motiv zu klar. Zu wenig Tote, keine weinenden Kinder oder verängstigte Eltern, deren verweinte Gesichter man medienwirksam im Großbild einfangen könnte. Nur der zwanghafte Versuch, das Wort „Amoklauf“ aus den Berichterstattungen herauszuhalten.
Die Lobby der Sportschützen bröckelt
In Zeiten von Amok laufenden Sportkameraden, fällt es selbst den ambitioniertesten Sportschützen schwerer, ihre Begeisterung für großkalibrige Waffen der Öffentlichkeit begreiflich zu machen. Da hilft es auch nicht mehr, wenn Lokalpolitiker und Städte medienwirksam eSport-Events absagen, während die Sportschützenvereine indirekt im Schutze der Pietät Dritter ihren Kreismeisterschaften frönen. Versuche einzelner Politiker, die Spielebranche auf eine Stufe mit Kinderschändern und Drogendealern zu stellen, werden von der Öffentlichkeit nicht mehr angenommen. Längst ist die Gleichung Sportschütze = möglicher Amokläufer in der Bevölkerung angekommen.
Leidtragende sind das Gros der Sportschützen, die sich auf das harmlosere Kleinkaliber beschränken und auch strengere Waffengesetze in Kauf nehmen würden.
Eine Todesliste wird länger
Die Liste der Opfer von Gewalttaten durch Sportschützen oder durch Waffen, die im Rahmen des “sportlichen Schießens” angeschafft wurden, wird länger:
April 2009 | Landshut | 2 Tote |
März 2009 | Winnenden | 16 Tote |
Dezember 2008 | Rheine | 4 Tote |
April 2008 | Aachen | 1 Toter |
September 2008 | Oberhausen | 2 Tote |
März 2008 | Deggendorf | 3 Tote |
Mai 2007 | Berlin | 1 Toter |
Oktober 2004 | Siegelsbach | 1 Toter |
November 2003 | Reinheim | 2 Tote |
Juli 2003 | Retzow | 2 Tote |
April 2001 | Upgant-Schott | 2 Tote |
November 1999 | Bad Reichenhall | 5 Tote |
Juli 1999 | Schwerin | 1 Toter |
Juni 1998 | Ribnitz-Dammgarten | 3 Tote |
Mai 1996 | Remseck-Hochberg | 2 Tote |
Dezember 1994 | Wallhausen | 2 Tote |
Dezember 1994 | Prittriching | 6 Tote |
Dezember 1993 | Bamberg | 5 Tote |
Mai 1992 | Gifhorn | 3 Tote |
Mai 1991 | Lübeck | 1 Toter |
Und nun?
Während diese Zeilen entstehen, kommt über den „Ticker“ die Meldung, dass am Mittwoch ein Familienvater in Bayern seine Frau und anschließend sich selbst erschossen hat. Woher die Tatwaffe stammte, ist bisher nicht bekannt.
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