Das ZDF geht neue Wege.
Die neue Kriminalserie KDD – Kriminaldauerdienst gibt es einen Tag (Donnerstags, ab 21.15 Uhr) vor der Ausstrahlung im TV (Freitags, 21.15 Uhr im ZDF) im Internet als Videostream.
Die erste Folge hatte es dann auch gleich in sich.
Ein völlig zugekifftes Pärchen baut einen Autounfall. Das Mädchen kommt dabei ums Leben. Der Fahrer, ihr zugedröhnter Freund, flieht und versteckt sich. Er will untertauchen bis die Drogen in seinem Blut abgebaut sind. Er hält das für schlauer als sich sofort der Polizei zu stellen.
Und wo versteckt er sich? JA, bei seinem besten Kumpel (da kommt ja auch keiner drauf) in einer Kiffer-WG.
Die Schwester der Toten kennt natürlich den Kumpel auch und führt ihren Dad zu ihm. Ups, jetzt habe ich das Ende verraten. Na ja, eigentlich den Anfang und das Ende.
Es wird aber noch besser. Der Vater der Toten ist selber beim KDD. Sein Kollege ist der ermittelnder Beamte und gleichzeitig Patenonkel der toten Tochter.
Mehrere Handlungsstränge
Aber das ist nicht der einzige Handlungsstrang. Es wird noch von einem Mord an einem Lehrer erzählt, der seine homoerotischen Neigungen an einem Schüler ausleben wollte. Der Schüler, den der Lehrer unter einem Vorwand zu sich nach hause gelockt hatte, tötet den Lehrer bei dem Versuch, sich den homosexuellen Annäherungsversuchen seines Lehrers zu entziehen. Der Lehrer wird mit dem Teppich erschlagen oder so ähnlich. Kapiert habe ich das auch nicht – aber egal. Der Junge ruft seinen Papa an. Der kommt vorbei, schnappt sich den toten Lehrer und schleppt ihn in den Park an einen anscheinend einschlägigen Treffpunkt für Homosexuelle (woher Papa das wohl wusste?). Dort lässt er den Lehrer liegen, setzt sich auf eine in der Nähe stehenden Parkbank und wartet geschlagene 3 Stunden bis die Polizei kommt. Er erzählt was von wegen er sei von dem Mann, den er natürlich nicht kenne, angegrabscht worden und hat sich dann nur gewehrt. Um seine Aussage zu unterstreichen greift er während des Verhörs einem Polizeibeamten ans Gemächt. Am Ende ist der Sohn jedoch geständig und Papa darf wieder gehen.
Ach ja, natürlich wurden niemand die Rechte vorgelesen – kein Anwalt gerufen – nix. Aber beim KDD scheint das ja so OK zu sein. Da darf man ruhig mal die Verdächtigen mit Sätzen wie „Bist du schwul?“, „Hasst du Schwule?“ und „Wenn du nicht redest wandert dein Vater lebenslänglich für 15 Jahre (!) in den Bau“ und so weiter so lange provozieren, bis der Schüler/Sohn/Verdächtige geständig ist.
Ach so, geht noch weiter.
Die (fertigen) Charaktere
Einige Charaktere werden gleich richtig äh eingeführt.
Die Wachdienstführerin Kristin Bender ist auch homosexuell. Sie lebt mit ihrer Lebensabschnittspartnerin zusammen – ungefähr 40 Minuten lang. Dann zieht die jedoch aus, weil Kristin es nicht übers Herz gebracht hat, sie offen vor den versammelten Kollegen als ihre Partnerin vorzustellen.
Der Polizist Jan Haroska treibt es knutscht mit der wesentlich jüngeren Kollegin Maria Hernandez in der Küche der Polizeistation herum.
Der Polizist Mehmet Kilic hat frisch geheiratet. Die Heirat ist arrangiert.
Seine Kollegin Sylvia Henke, hm ja die Sylvia, die hat ein Auge auf Mehmet geworfen. Irgendwie scheint sie die Rolle der Schlampe in dieser Serie erhalten gewonnen bekommen ergattert zu haben.
Und da kommt der Kollege Leo Falkstein ins Spiel. Weil die Sylvia ihm vorwirft „Einer wie Du macht keine Fehler, stimmts? Der ist viel zu sehr damit beschäftigt, an seinem eigenen Denkmal zu bauen“, beichtet er ihr, dass er mit seiner Stiefmutter geschlafen und dafür gesorgt hat, dass sein (reicher und einflussreicher) Vater davon erfährt.
Der obligatorische Hacker
Und zu guter Letzt ist da noch der kleine Junge aus dem Kosovo. Der wirft die Fensterscheibe eines Elektrogeschäfts ein – nur damit er auf die Wache zu Kirstin Bender gebracht wird. Aus irgendeinem Grund hängt er an ihr.
Als eine junge Dame (20 Jahre) auf der Wache erscheint und von einem angekündigten Selbstmord ihres Chatpartners HighFidelity2000 erzählt, hackt sich der kleine Schlawiner binnen weniger Minuten sowohl in den Chat als auch bei dem Email-Provider des Chatpartners rein und findet die wahre Identität des Mannes heraus. Oh Wunder der Mann ist älter als angegeben und voller Schlaftabletten, als die Beamten ihn zu hause besuchen. Puhh, ist noch mal gut gegangen – dank eines 12 jährigen Hackers aus dem Kosovo. Da hätte die dumme junge Pute auch selber drauf kommen können, dass sich hinter dem Namen HighFidelity2000 ein älterer Erdenbürger versteckt. Ist doch der Begriff „High Fidelity“ ein Begriff aus den 60ern und 70ern.
Umbringen wollte er sich, weil sie ihn nicht treffen wollte. Hätte er gewusst, wie unterbelichtet die Dame ist, hätte er sich wohl eher umgebracht, wenn sie ihn getroffen hätte.
Fazit:
Viel Stoff für 45 Minuten. Es gibt schon im Pilotfilm Handlungsstränge, die sich durch die ganze Staffel ziehen werden. Dazu kommen noch je Folge einige eigene Geschichten.
Die Figuren sind auf unterschiedliche Weisen fertig. Einer ist ein Exsäufer, der andere poppt mit der Stiefmutter, die nächste macht ihren frisch verheirateten Kollegen in der Herrendusche an.
Alles ist voller Klischees. Da gibt es den jungen Hacker, der den alten Hasen noch was am PC vormacht. Dann der türkische Kollege, der dank einer arrangierten Hochzeit seit 1 Tag eine frisch aus der Türkei eingeflogene Fremde als Ehefrau zu hause rumsitzen hat.
Der verwöhnte Sohn aus reichem Haus scheint sich als Polizist austoben zu müssen und will die Welt einfach ein bisschen besser machen als sie ist. Und so weiter und so weiter.
Man kann meckern was man will über die Serie. Spannend ist sie – und dank der teilweise unglaubwürdigen und klischeehaften Figuren, Dialoge und Handlungsstränge auch irgendwie wieder interessant.
Zumindest ist es mal was anderes was das ZDF hier auf den Monitor bringt.
Wer den Pilotfilm und die ersten 2 Folgen verpasst hat, kann sich die Folgen im Internet anschauen. Dort stehen sie in sehr guter Qualität zum anschauen bereit.
Mein Lieblingszitat der 1. Folge: „Was ist das denn hier? Guantánamo?“
Und wer erfahren möchte, was man alles so Praktisches mit einem Gully-Deckel anfangen kann, der schaut sich die 2. Folge auch gleich an.
Links:
Sehr schön geschrieben, Chris!
Pingback: Ich Blog Dich! » Blog Archive » KDD - Folge 5 schon heute (1 Woche früher) im Netz
Kdd ist wundervoll aber das ende der ersten staffel ist so unromantisch
wo bleibt das happy end, wenn ich heute nacht nicht schlafen kann rufe ich beim zdf an und lasse mir die geschichte weitererzählen
gruß
michi
be blesseed
Also ich könnte ja jetzt das Ende der 1. Staffel verraten…
… aber ne.
Eines stimmt jedoch: Ja, es endet überaus tragisch. Ein richtiger Cliffhanger.
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