Wolfgang Schäuble vergleicht geplante Verfassungsbeschwerde mit Adolf Hitler

„Wer nur lange genug auf seinem Posten sitzt, verliert den Bezug zur Basis.“
Solche und ähnliche Aussagen wurden früher gerne zu Zeiten der 16 Jahre andauernden Kohl-Regierung über Helmut Kohl getätigt.

Nach einer aktuellen Äußerung unseres verehrten Innenministers Herrn Dr. Wolfgang Schäuble ist mir dieser Gedanke auch wieder gekommen.

Nach einem Bericht der taz hat Wolfgang Schäuble Mitwoch Abend folgende Äußerung vor Richtern und Journalisten von sich gegeben:

„Wir hatten den ‚größten Feldherrn aller Zeiten‘, den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten“

GröFaZ ist ein Akronym für „Größter Feldherr aller Zeiten“ und steht für Adolf Hitler (Quelle: Wikipedia).

Damit zeigt Herr Schäuble sehr schön, welchen Stellenwert die verfassungsmäßigen Rechte der Bevölkerung, also der Wähler in seinen Augen hat.
Selbst von einem Vergleich eines legitimen Volksbegehrens mit einem Diktator, der Millionen von Leben auf dem Gewissen hat, schreckt der Minister nicht zurück.

Was will Herr Schäuble mit diesem Vergleich sagen? Stellt ein Volksbegehren eine ähnlich große Gefahr für unser Land und für die anliegenden Länder dar, wie der damalige Diktator?
Drohen Völkermord und Rassenverfolgungen, wenn das Volk weiter solchen Grundrechten nachkommen darf?

Herr Schäuble scheint nach all den Jahren vergessen zu haben, welche Aufgaben die Bevölkerung einer Demokratie inne hat: Misstrauen gegenüber der durch sie gewählten Regierung.
Diese Grundaufgabe ist das wichtigste Gut und zwischen den Wahlen meist die einzige Möglichkeit, an der Regierung des eigenen Landes aktiv teil zu haben.
Verankert ist dieses Grundrecht in § 20 des Grundgesetzes.

Genau jener Gesetzessammlung, welche, wenn es nach dem Willen unseres Innenministers ginge, immer wieder der Anpassung bedürfe, wenn seine diversen Vorstöße, unsere verfassungsmäßigen Grundrechte zu beschneiden, ihm im Wege steht.

Herr Dr. Wolfgang Schäuble hat den Kontakt zur Basis und damit wohl auch zur Realität verloren. Er scheint vergessen zu haben, dass er seine derzeitige Aufgabe indirekt dem Volk verdankt. Doch genau dieses verhöhnt er, wenn er die Wahrnehmung der Grundrechte durch das Volk mit einem Massenmörder und Völkermörder vergleicht.
Dabei ist es irrelevant, ob man jedem Volksbegehren zustimmen möchte oder nicht. Alleine der Erhalt und der Schutz dieser legitimen Möglichkeit muss unser aller Aufgabe und Bestreben sein und darf nie in Frage gestellt werden. Ein Vergleich mit Adolf Hitler zeugt wohl weniger von diesem Bestreben.

In meinen Augen sollte Herr Schäuble mit dieser Äußerung nun auch den letzten Kritikern gezeigt haben, welche Gedanken ihn in seinem ständigen Bestreben, die gesamte Bevölkerung mit Hilfe der Datenvorratshaltung, der Erfassung der Fingerabdrücke in Reisepässen und der Möglichkeit der Onlineüberwachung, unter Generalverdacht zu stellen, lenken.
Dieses mal kann sich Herr Schäuble nicht mehr herausreden, dass diese Forderungen oder Äußerungen nur immer durch Dritte an ihn herangetragen würden und er sie nur laut äußere.
Dieses mal hat unser Innenminister sein wahres Gesicht gezeigt.

Ich liebe unser Land. Doch auf einen Volksvertreter, der die Grundrechte der Bevölkerung solchen Vergleichen öffentlich aussetzt, kann ich getrost verzichten.

Sollte Herr Schäuble irgendwann mal über seine Äußerungen stolpern, so kann er ja noch immer zu Johannes B. Kerner gehen. Der hat sicherlich ein Plätzchen für ihn frei.

Quelle:
„Die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten“ (taz vom 9.11.2007)

Weitere Artikel und Meinungen zu diesem Thema:
„Schäuble brüskiert Gegner der Vorratsdatenspeicherung“ (Heise vom 9.11.2007)
„Einigkeit und (weggefallen) und (weggefallen)“ (RA-Blog vom 9.11.2007)

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