re:publica – Die ernüchterte Minderheit

Nein, dies hier wird nun kein Hassbeitrag auf die 2. re:publica, die dieser Tage (schon wieder) in Berlin stattfand. Ich habe mir das Programm der re:publica 08 angesehen und fand einige Programmpunkte recht interessant.
Was mich irritierte war das Motto der diesjährigen re:publica: „Die kritische Masse“.
Heise interpretierte dies wie folgt:“…die Rolle der digitalen Gesellschaft als Gegenöffentlichkeit…“. Besonders peinlich: für das Leitthema war noch nicht einmal ein Vertreter der „klassischen Medien“ zu finden. Angeblich könnten die keine Kritik vertragen. Jaha, such mal einen Blogger der das kann. Den will ich sehen.

Ein großes Thema. Erst recht, wenn man nüchtern betrachtet, was sich seit der letzten re:publica wirklich getan hat.
Das große Geldverdienen ist ausgeblieben. Schade, dass Projekte wie Adical bisher nicht DEN durchschlagenden Erfolg aufweisen können. OK, von den dem Netzwerk beigetretenen Adical-Blogs würde ich mindestens 2 Handvoll gleich wieder rauswerfen – Mangels Inhalte und Mangels Qualität. Aber das nur am Rande. An den paar faulen Eiern im Adical-Netzwerk wird es nicht gelegen haben, dass Adical noch nicht so durchstarten konnte, wie es geplant war. An den teils fragwürdigen Werbekunden und der Kritik an diesen wird es auch nicht gelegen haben.

Meiner Meinung nach liegt es einfach daran, dass Weblogs noch immer kein Mensch interessieren – außer die Blogger selbst vielleicht. Nicht umsonst ist sein bester Leser der eigene Blogger (manche nehmen das auch zu wörtlich, ist aber ein anderes Thema.) Die Reichweiten fehlen einfach. Beiträge über „meine neuen Schuhe“ werden daran auch nichts ändern.

In der breiten Öffentlichkeit wurden Blogs noch nicht wirklich wahrgenommen. Die meisten können sich unter einem Blog nichts vorstellen. Und wenn man versucht, dies zu erklären, wird man oft noch belächelt. Die großen Zeitungen und dadurch meist deren Online-Pendants sind da schon wesentlich bekannter und daher für Werbekunden auch interessanter.

Es gibt aber auch Ausnahmen: Robert Basic z.B. hat offen gelegt, dass er mit seinem Blog ca. 3.500 EUR im Monat verdient. Würde er sich zurücklehnen und sich auf die üblichen Google-Ads und Affiliate Programme verlassen, wäre es wesentlich weniger. Robert sucht sich seine Werbekunden selbst. Und Robert schafft Content. Das Zauberwort liegt hier auf „Schaffen“. Sein Blog dürfte ein Fulltimejob sein.

Wer heute denkt, mit einem Artikel pro Tag über seine Katzen könne er den gleichen Erfolg haben, irrt, wenn seine Katzen nicht gerade auf einem Bein jonglieren und dabei Faust auf chinesisch rückwärts aufsagen können.
Denn zu einem erfolgreichen Blog gehört neben einer gewissen Artikeldichte auch Begabung und Können.

Wer im realen Leben jetzt schon erfolglos, weil frei von Begabung oder frei von Antrieb, aus sich etwas zu machen, durch den Tag schlürft, wird es mit einem Weblog auch nicht weiter bringen. Was man in einem Blog schreibt, spiegelt zum Teil auch etwas von einem selbst wider.

Daher dürfte nun die Ernüchterung bei einigen Bloggern eingetreten sein. Aus der Traum vom großen Geldverdienen mit dem eigenen Blog. Wird der eine oder die andere sich doch wieder einen Job suchen und jeden Tag ackern gehen müssen. Das Leben kann hart sein.

Aber kommen wir zurück zur re:publica.
Wie anfangs gesagt: Ein großes Thema. In meinen Augen ein zu großes Thema zur falschen Zeit.
Nur weil sich einige bloggende freie Journalisten regelmäßig online mit ihren bei Onlinemedien fest angestellten Kollegen kabbeln, kann man nicht davon ausgehen, dass dies derzeit ein Thema für die bloggende Mehrheit ist.
Apropos Mehrheit: Auf der re:publica sind 900 Blogger im Vergleich zu geschätzten 300.000 deutschen Bloggern.
Das haben letztes Jahr schon einige böse zu spüren bekommen, als sie auf der ersten re:publica aufschlugen und untereinander ihre Blognamen austauschten und immer wieder zu hören bekamen „kenn‘ ich nicht“. Das war schmerzhaft und ernüchternd. Umso eindrucksvoller, dass einige Blogger den Schneid hatten, das öffentlich zu zugeben. Respekt.

So traf sich dieses Jahr ein zweites Mal eine ernüchterte Minderheit in der Kalkscheune, um mal wieder vom großen Geldverdienen zu träumen.

Dieser Beitrag wurde unter Gedanken veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert