„selbstverschuldeten Krankheiten“ werden der Krankenkasse gemeldet

Am 01. Juli 2008 trat die Pflegereform 2008 in Kraft. Mit der Pflegereform soll eigentlich eine Verbesserung der Versorgung pflegebedürftiger Menschen sowie die Unterstützung der „Pfleger“ erreicht werden.
Etwas stillschweigend enthielt die Pflegereform jedoch auch einen Absatz, der meiner Meinung nach weitreichende Folgen haben wird und sicherlich nur der Anfang in einer Reihe von Maßnahmen darstellt, auf die wir uns in den nächsten Jahren einstellen dürfen.

„15. § 294a wird wie folgt geändert:
c) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
…..
„(2) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Versicherte sich eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vor- sätzlichen Vergehen oder durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowie- rung oder ein Piercing zugezogen haben (§ 52), sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilneh- menden Ärzte und Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 verpflichtet, den Krankenkassen die erforderlichen Daten mitzuteilen. Die Versicherten sind über den Grund der Meldung nach Satz 1 und die gemeldeten Daten zu informieren.““

Mein erster Gedanke, als ich über die erste Berichterstattung bei Heise stolperte war, „Gut, bin ich auch dafür. Warum sollen wir alle dafür bezahlen, nur weil einzelne sich solchen Maßnahmen unterziehen wollen“. Bei einem Gespräch in der Mittagspause mit Kollegen bekam ich ähnliche Aussagen zu hören.
Bei den Worten „Find ich gut, sollese ruisch mache“, die von einem Raucher kamen, beschlich mich jedoch ein ungutes Gefühl. Was wäre, wenn die nächste Meldepflicht das Rauchen, Alkoholkonsum oder mehr als 2 mal Sex in der Woche wäre ?
Jetzt bitte nicht falsch verstehen, im Prinzip bin ich schon der Meinung, dass gerade diejeningen, die sich selbst vermeidbaren Schaden zufügen, sei es Piercing, Rauchen, Trinken etc. auch selbst finanziell dafür aufkommen sollten und nicht die Allgemeinheit. Aber mit einem solchen Schritt begibt man sich auf einen Weg, bei dem man sich überlegen sollte, ob das wirklich der richtige ist.

Welche „meldepflichtige Maßnahme“ bildet den Anfang und welche das Ende ? Wie sagt man so schön, „ist der Ruf erst ruiniert, lebts sich nachher ungeniert“.

Quellen:
Datenschützer kritisieren ärztliche Meldepflicht von Piercings und Tattoos
(Heise vom 30.06.2008)

Pflegereform 2008
(Bundesministerium für Gesundheit vom 16.06.2008)

Gesetzentwurf Pflegereform 2008
(Bundesministerium für Gesundheit)

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3 Antworten zu „selbstverschuldeten Krankheiten“ werden der Krankenkasse gemeldet

  1. C.J. sagt:

    „mehr als 2 mal Sex in der Woche wäre“
    Na dann betrifft es Dich doch nicht. hehehe
    *duck*

  2. Syberia sagt:

    Was ist mit Drogensüchtigen, Alkoholikern, Magersüchtigen, Skifahrern, Depressiven? Alles Menschen, die sich selbst vermeidbare Schäden zufügen…

  3. A.J. sagt:

    Da kommen mir auch gleich die Motorradfahrer und Fahrradfahrer und vor allem die Inliner in den Sinn. Gerade beim Inlinern ist das Verletzungsrisiko, besonders bei Kopfverletzungen, sehr hoch.
    Das Problem wird sein, dass nicht alle dieser Krankheiten, Abhängigkeiten etc. auch medizinisch nachweisbar sind. Aber ich bin sicher, denen fällt bald was dazu ein….

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