Ich lese gerne auf Spiegel Online und ab und an kauf ich mir auch mal die Printausgabe.
Daran ändert auch der aktuelle Artikel „Die Beta-Blogger“ auf Spiegel Online nichts. Dazu muss man sagen, dass der Artikel zuerst in der aktuellen Printausgabe stand. Wie man auf die Idee kommen kann, über Blogger zu schreiben und dies in der Printausgabe zu verstecken, weiß ich nicht. Das ist, als wenn ich über Bildleser schreiben würde, und würde den Artikel in der Staatsoper aushängen.
Nun ist der Artikel ja auch online verfügbar und das ist gut so.
Fragen
Zuerst frage ich mich, warum benötigt Spiegel 3 (in Buchstaben: „DREI“) Reporter-/innen, um solch einen Artikel zu verfassen? Und dann frage ich mich, wenn schon drei Leute an dem Artikel schreiben, warum ist er dann so unglaublich einseitig und lückenhaft.
Auf Motivsuche
Wenn Spiegel so vehement und doch irgendwie verhalten eine schwer greifbare, da eher virtuelle Gruppierung wie die allgemeinen Blogger „angreift“, dann muss es ja einen Anlass oder ein Motiv geben. Gibt es ein Sommerloch zu stopfen? Oder will man nur mal „unsere“ Reaktionen auf solch einen Artikel testen? Oder fühlte sich da ein Spiegel-Journalist von einem oder mehreren bloggenden (freien) Journalisten pissed?
Dazu muss man die Blogosphäre etwas kennen. Zu den meist eher öfter gelesenen Blogs gehören die von (freien) Journalisten. Man muss nicht zwischen den Zeilen lesen können, um recht schnell zu merken, dass sich die freien Journalisten und die fest angestellten Journalisten nicht so riechen können. Zu oft liest man hier und da Blogartikel, in denen herzlich über Beiträge der Konkurrenten hergezogen wird. Genauso kann man dann in den Online-Versionen diverser Printmedien ab und zu böse Artikel über die Klowände des Internets lesen. Das ist ein Geben und Nehmen. Die Tatsache, dass Spiegel 3(!) Leutchen an solch einen Artikel gesetzt hat, könnte eventuell ein Hinweis darauf sein.
Auch gibt es einige Blogs, die gerne mal kontra Spiegel oder SPON schreiben. Das Spiegel-Dissen scheint ein recht weit verbreitetes Hobby zu sein. Doch betrifft das nicht nur den Spiegel.
Die Nachdenkseiten, wie manche die Blogs auch gerne nennen, kritisieren recht oft die Mainstreammedien. Eigentlich sollte die Presse, in einem Staat wie dem unseren, eine vierte Gewalt darstellen. Doch die meisten Medien scheinen sich zu gerne auf das reine Weiterreichen von Agenturmeldungen „spezialisiert“ zu haben. Einige Blogs vermissen eine wirklich kritische Presse. Man kann hier fast von einer fünften Gewalt sprechen. Denn nie zuvor wurden die Medien so genau unter die Lupe genommen und offen kritisiert wie es heute der Fall ist. Weblogs tragen da einen großen Teil dazu bei.
Der Inhalt
Schauen wir uns mal an, was der Artikel überhaupt aussagt:
Blogger haben in Germany mangels Reichweite kaum Gewicht, sind erfolglos und werfen mit Dreck. Und die USA steht da im Vergleich mal wieder viel viel besser da. Das ist die Kurzform.
Doch dies, lieber Spiegel, ist nicht alles und es ist zum teil wahr und unwahr.
Die Wahrheit
Ja, die Wahrheit ist irgendwo da draußen. Im Grunde stimmt das, was da Markus Brauck, Frank Hornig und Isabell Hülsen schreiben. Zumindest stimmt es für den winzig kleinen Teil, die der Artikel beleuchtet und die recht eingeschränkte Sichtweise, aus der heraus er wohl geschrieben wurde.
Denn der typische Blogger ist eine Mähr. Es gibt ihn nicht. Aber man kann die Blogs und Blogger, je nachdem wie man sie betrachtet, kategorisieren. Die Blogs, die in dem Artikel gemeint sind, dürften nur einen sehr geringen Prozentsatz abdecken. Denn, so lieber Spiegel, nicht jedes Blog strebt nach Einfluss und Reichweite, oder wie wir es gerne nennen, nach der Weltherrschaft.
Wenn man alle Blogs so über einen Kamm schert, tut man den meisten Unrecht. Um bei den bildlichen Vergleichen zu bleiben, wäre dies so, als wenn man Oma Duck den Vorwurf macht, mit ihrer kleinen Ernte, die ihr Hof abwirft, nie den Weltmarkt beherrschen zu können. Man bedenkt nicht, dass Oma Duck das nie wollte. Mit etwas Recherche hätten Tick, Trick und Track das selber herausbekommen können.
Der Einfluss
Ja der mangelnde Einfluss der Blogs. Was für eine Ironie.
Wie gering der angebliche Einfluss von Weblogs ist, zeigt alleine schon der Umstand, dass sich drei Musketiere hingesetzt, einen Printartikel verfasst, diesen irgendwie dem Chefredakteur verkauft und so in den gedruckten Spiegel bekommen haben. So unbedeutend sind also Blogs.
Welchen mangelnden Einfluss Blogs noch haben zeigen die Bemühungen der Onlinemedien mit Blogs technisch mit zu ziehen. Alleine schon die Bedeutung der Möglichkeit des Kommentierens von Beiträgen wurden in vielen Medien nachträglich eingefügt, nachdem man entdeckt hatte, dass dies Leser binden kann. Übrigens kann man den Spiegel Artikel, um den es hier geht, auch kommentieren – irgendwie. Darauf hätten die drei Damen vom Grill mit etwas Nachdenken auch kommen können.
Konkurrenzdenken
Die Verkaufszahlen der Printmedien sind seit Jahren rückläufig. Immer mehr Menschen informieren sich online. Das zeigt die Bedeutung der Online Medien wie SPON. Daraus erwächst mehr und mehr ein Konkurrenzdenken. Auch wenn man den Blogs vorwerfen kann, dass sie gerne Nachrichten einfach durchreichen, so greifen sie auch Themen auf, um die sich Onlinemedien nicht mehr bemühen. Doch nur weil sie Themen vom Tisch fallen lassen, heißt das nicht, dass diese Themen niemanden mehr interessieren. Ganz im Gegenteil. Heute ist es doch schon so, dass man, hat man ein Onlinemedium gelesen, sich die Mühe sparen kann, die anderen auch noch zu studieren. Überall steht Dasselbe. Selbst die Symbolbilder, die die Redakteure aus ihren umfangreichen Bildarchiven für die Artikel rauskramen, sind oft dieselben. Die Frage ist meist nur noch, wer stellt den Artikel zuerst online.
Fazit
Der Artikel beinhaltet einiges Wahres. Doch lässt er auch vermuten, dass sich hier einige Journalisten beim Spiegel von dem einen oder anderen Blogger angepisst fühlen.
Der Versuch, mit einem Print- und Onlineartikel, Blogs in die Bedeutungslosigkeit zu schreiben, kann gar nicht funktionieren. Erfahrene Journalisten wissen das. Vielleicht wurden daher drei Helden bemüht, um sich dem Thema zu widmen: Weil ein umfangreicheres Wissen über Blogs, was für solch einen Artikel eine notwendige Grundlage wäre, einer einzelnen Person einfach fehlen muss. Doch drei Blinde Hühner finden nicht unbedingt ein Korn. Es reicht nicht aus, zwei Dutzend Blogs zu kennen, dann noch eifrig aus diesen zu zitieren, und so der kompletten Blogosphäre vorzuwerfen, man würde nur abschreiben.
Da erscheint es schon fast ironisch, dass der Artikel genau an den Punkten krankt, aus welchen er versucht, den Blogs allgemein eine Vorwurf zu basteln.
Und da der Artikel so schön einseitig, unvollständig und unprofessionell, schlicht gesagt schlecht geschrieben ist, nehme ich das dem Spiegel auch gar nicht übel. Ganz im Gegenteil: Ich will mehr davon lesen. Am besten, die drei kleinen Strolche machen eine ganze Serie über uns Blogger.
Immerhin hilft er einer Menge Blogs, sich über was aufzuregen und zu schreiben. Und das mitten im Sommerloch. Allein dafür sollte man den drei Herren von der Tankstelle danken.
Das ist ja nicht verwunderlich, dass die Vertreter der klassischen Medien eher skeptisch dem neuen Phänomen des Bloggens gegenüberstehen. Konkurrenz gefällt halt nicht jedem, obgleich es bekanntermaßen gut für den Markt ist.
… 🙂