In den letzten Tagen kochten hier und da etwas die Gemüter hoch, weil ich in dem Artikel „Haben deutsche ISP Zugriff auf Webseite “rotten NEIGHBOR” gesperrt?“ die Möglichkeit in den Raum gestellt habe, dass deutsche ISP den Zugriff auf die Seite gemeinschaftlich stören.
Ausschlaggebend war eigentlich eine Recherche über „rotten Neighbor“ aufgrund der Mainstream Medien und deren kürzliche Interesse an diesem Dienst.
Der Dienst ist mir schon länger bekannt. Beachtung wollte ich ihm nicht mehr schenken als nötig, da ich dieser Dienst alleine für das anonyme Denunzieren von ungeliebten Personen bereit gestellt wird. Menschen, die so etwas tun, gehören meiner Meinung nach an deren Genitalien kopfüber aufgehängt und mit rohen Eiern beworfen. (aber das nur nebenbei erwähnt.)
Im Rahmen meiner Recherche stieß ich auf das Zugriffsproblem und auf Diskussionen in ein paar Foren, wo Interessierte klagten, die Seite auch nicht aufrufen zu können. Also hatten wir auf der einen Seite den Mainstream, der über die Seite berichtete und sie verteufelte, auf der anderen Seite hatten wir Internetuser, die die Seite seit Tagen nicht aufrufen konnten.
Schnell stellte sich heraus, dass nicht wenige sondern einige Millionen Internetuser betroffen sein dürften. Von denen hat der eine oder andere seinen Provider schon angeschrieben aber keine Rückmeldung erhalten.
Tage vorher gab es noch die Meldung, dass das BKA die deutschen ISP zukünftig zur Sperre von Internetseiten zwingen möchte.
Mischt man das ganze nun in einen Topf, dazu noch eine Briese ARCOR und Youporn und man wird den Verdacht nicht los, dass die Zugriffsprobleme nicht ganz ungewollt sein dürften.
Nun, auch wenn ich Informatiker bin und nicht ganz unbeholfen im Umgang mit Netzwerken, so gibt es unter den Bloggerkolleginnen und Bloggerkollegen eine Menge Personen, die das wesentlich besser beherrschen oder gar aufgrund ihres Arbeitsplatzes mehr Möglichkeiten haben, tiefer zu forschen.
So kippte ich das Thema also am letzten Freitag in die Blogosphäre ein.
Und mit viel Freude konnte ich vermerken, dass sich die daraus entstandene Diskussion auf einem recht hohen technischen und auch verbalen Niveau abspielte. Und vor allem liefen die Diskussionen überwiegend fair, ausgewogen und differenziert ab.
Um den ISP ihre Chance zu lassen, zur Aufklärung ihren fälligen Beitrag zu leisten, habe ich alle mir bekannten ISP, bei denen die Probleme auftraten, zeitgleich angeschrieben. Die Betreiber von www.rottenneighbor.com haben etwas später auch eine Mail erhalten.
Auch sei den Bloggern, die nicht an eine gewollte Sperre glauben, und meinen, dies anhand nur eines Traceroute belegen zu können, gesagt, dass ihre Meinung völlig legitim ist und durchaus zur Kenntnis genommen wurde. Nur da ein Traceroute oder eine abweichende Meinung noch kein Beweis und erst recht keine Lösung für das Zugriffsproblem darstellen, muss man meiner Meinung nach weiter nachforschen und nachfragen und vor allem nachbohren. Daher haben die Kritiker der „Zensur“-Theorie vielleicht den Eindruck, man beachte sie nicht oder nicht im gewünschten Umfang. Keine Sorge, das ist nicht so.
Daher halte ich die aktuelle Diskussion für völlig legitim. Auch halte ich den Rahmen und die Öffentlichkeit der Diskussion für angemessen. Die ISP hatten doch die Gelegenheit, sich um das Problem zu kümmern. Doch wer seinen Kunden nicht mal eine Antwort würdigt, muss sich in der heutigen Zeit nicht wundern, wenn das Thema dann öffentlich hoch kocht.
Dank Millionen von Blogs sind Verbraucher nicht mehr auf die Mainstream-Medien angewiesen, ihrem Frust eine öffentliche Stimme und so Gehör zu verschaffen.
Wie ich schon mal schrieb, entwickeln sich Blogs bzw. Menschen, die mit Hilfe des Internets gemeinsam öffentlich über Problematiken diskutieren, die klassischen Medien und die Politik mit Argusaugen beobachten und deren Auswüchse kritisieren, immer mehr zur fünften Gewalt. Und das ist auch gut so.
So und nun genießen wir den Umstand, dass die Problematik nun auch endlich von den größeren Medien wahrgenommen wird. Zumindest Golem berichtet in dem Artikel „RottenNeighbor.com: Zugriff aus Deutschland nicht möglich“ nun darüber. Neue Erkenntnis kann man dem Artikel leider nicht entnehmen. Aber der gute Wille zählt.
Update (4.9.2008)
Heise/Telepolis ist nun auch aufgewacht und fasst in dem Artikel „Fernzensur“ interessante neue Vermutungen und Erkenntnisse verschiedener Blogger zusammen. Ein lesenswerter Artikel für all diejenigen, die auf dem Laufenden bleiben wollen.
Kurz zusammengefaßt: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Betreiber von www.rottenneighbor.com selbst diese Art der „Zensur“ eingeleitet und umgesetzt hat, wird immer größer. Über die Ursachen bzw. die Strippenzieher im Hintergrund, die den Betreiber so weit gebracht haben, wird noch wild spekuliert.
Die ISP, die ich zu anfangs im Verdacht hatte, sind daher noch nicht ganz vom Haken. Sieht aber gut für Euch aus, Jungs.
Mein aktuelles Lieblingszitat dazu kommt von Reizzentrum:
Aber irgendwann, werden wir auch dieses Geheimnis lüften. Zuviele Menschen wissen jetzt schon Bescheid.
In dem Sinne:
Lasst uns weiter forschen, fragen, testen und recherchieren.
Die Wahrheit ist irgendwo dort draußen!
Pingback: Pottblog
Und wieder einmal schein rottenneighbor nicht mehr zu funktionieren. Wisst Ihr mehr?
Gruss aus Bayern
Der Zugriff geht jetzt wieder. Die Seite scheint an sich weg gewesen zu sein.
Hi!
Hat sich in dem Bereich jetzt was neues ergeben? Ist rottenneighbor jetzt eingestellt oder nur noch in USA zu besuchen?
Grüße
aus dem schönen Schwabenland